ドイツファシストの真の危険性 The Real Danger of the German Fascists
本日のドイツ誌「STERN」(2024年5月29日号)を各本屋、新聞・雑誌の売り場にて。STERN誌の表紙に大きな文字で: シャンパン・ナチス。
シルト島でのエリート主義者のパーティー客による外国人嫌いのスローガンに関するスキャンダルは、孤立したケースではない。ドイツのAfD(アーエフデー)は右派・極右政党、ファシズムを尊重する政党で、旧東独ザクセン=アンハルト州では24.2%を獲得し州議会内では第2党になった。
ドイツのネオ・ファシズムは妖怪ではなく、人類にとっての現実の危険である。馬鹿にしていけないし、横から、軽く見てはいけません。
下のXへのリンクをご覧ください。
Deutschland den Deutschen, Ausländer raus, Ausländer raus(ドイツはドイツ人へ、外国人は出て行け、外国人は出て行け)という歌うドイツ人の一部の現状。
シルト島で金持ちの子供たちがナチのスローガンを叫んでいる。おそらく彼らは、朝食の席で両親が話しているのと同じことを歌っているのだろう、という記事 「Mein Kampen」も以下で読めます。
それから、今日のSTERN誌の中、ドイツのAfD(アーエフデー)についての記事や極右のフランス人マリーヌ・ル・ペン(国民連合)をつけられました。
https://twitter.com/Klaus_Arminius/status/1794436701953085743/video/1
https://twitter.com/Klaus_Arminius/status/1794436701953085743/video/1
Up-date 2024/5/31
„AUSLÄNDER RAUS“-GESÄNGE :
Mit freundlichen Hitlergrüßen
„L’Amour Toujours“: Seit wann singen Rechtsextreme das Lied von Gigi D’Agostino?
FAZ, 31.05.2024
Seit Oktober 2023 wurden 34 Fälle bekannt, in denen „L’Amour Toujours“ mit der Zeile „Ausländer raus“ gesungen wurde. Ein neuer Trend? In Mecklenburg-Vorpommern kennen sie diese Version seit 15 Jahren.
Ein Song wie „L’Amour Toujours“ hat natürlich eine Vorgeschichte. Der italienische Musiker Gigi D’Agostino erzählte sie in einem seiner seltenen Fernsehinterviews. Er sprach von „schrecklichen Dingen“, die in seinem Leben passiert waren, von einer Trennung, die er verarbeiten musste, von Trauer und Schmerz. „Ich habe gelitten, ich habe sehr gelitten“, sagte er. Und auch wenn der Lento Violento, wie sie seinen Musikstil in Italien nennen, eine besonders heftige Form des Technos ist, wirkt der Liedtext von „L’Amour Toujours“ ganz zart:
Ich glaube immer noch an deine Augen. Es ist mir einfach egal, was du in deinem Leben getan hast. Baby, ich werde immer an deiner Seite sein. Lass mich bitte nicht zu lange warten, komm vorbei.
Dazu plärrt eine Melodie, die klingt, als hätte der Kapitän eines Containerschiffs sie auf dem Signalhorn gespielt. Jahrelang grölten Betrunkene das Lied beim Ballermann und anderswo, manchmal lallend, Lamurtuschur, manchmal nur die Silbenfolge singend, döp-dödö-döp. 2001 war das Lied wochenlang in den Charts, für die meisten Deutschen ohne erkennbare politische Note. Bis zum 14. Oktober 2023, als sich ein Video vom Erntefest in Bergholz im Landkreis Vorpommern-Greifswald verbreitete.
Dort sangen betrunkene Jugendliche Gigis Herzschmerzlied – aber mit einem Text, der in eine andere Zeit gehört, nämlich an den Anfang der Neunzigerjahre, als kahl rasierte Neonazis mit Baseballschlägern und Springerstiefeln diese Parole bei Kundgebungen brüllten:
Deutschland den Deutschen, Ausländer raus! Ausländer raus! Ausländer raus! Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!
Medien berichteten, Minister empörten sich. Und dann passierte es wieder. Und wieder. Die Liste ähnlicher Vorfälle ist viel länger, als die meisten wissen, weil oft nur Lokalzeitungen berichteten und es keine Sammlung gab. Die F.A.S. hat bundesweit 34 Berichte über „Ausländer raus“-Gesänge zur Melodie von „L’Amour Toujours“ seit Oktober 2023 gezählt und auf einer Deutschlandkarte eingezeichnet. Viele Faschingsfeiern sind darunter, Schlagerparaden, Dorffeste, Feiern der Parteijugend von AfD und sogar der FDP, Schützenfeste, Weihnachtsfeiern, Partys von Schülern und Studenten.
Immer öfter wurden an einzelnen Tagen gleich mehrere Fälle bekannt. Der vorläufige Gipfel war am 25. Mai erreicht, als der Gesang an nur einem Tag an sechs Orten gehört wurde, bei einer Schlagerparade im Hamburger Stadtteil St. Pauli, auf einer Party in Annaberg-Buchholz, bei einem Volksfest in Solingen, auf einem Schützenfest in Altendorf, bei einem Traditionsfest in Leißling und bei einer privaten Feier in Kröv an der Mosel. Mittlerweile trauen sich DJs nicht mehr, Gigi D’Agostino zu spielen. Sie haben Angst, das Publikum könnte mit Hitlergrüßen und Naziparolen reagieren. Aus dem Lied ist eine rechtsextreme Modeerscheinung geworden, mit Nachahmern in ganz Deutschland.
Manche glauben, dass Jugendliche aus Bergholz und den benachbarten Orten Rossow und Pasewalk die Urheber sind. Dass sie sich das im Oktober ausgedacht haben. Dafür spricht, was der Vorsitzende der „Jungen Nationalisten“, Sebastian Weigler, der F.A.S. sagt. Seine Organisation ist die Jugendorganisation der früher als NPD bekannten Partei „Die Heimat“: „Ich habe ein bisschen rumgefragt. Unsere Aktivisten, wie auch ich, haben erst durch das Video im Oktober von dieser Variante erfahren.“
„Es wird schon seit Längerem mit einem eigenen Text versehen“, sagen Neonazis
Auf diesen Ruhm hätte der Bürgermeister von Bergholz gerne verzichtet. Ulrich Kersten klagte schon vor Wochen, der Ruf seines Dorfes sei nun für lange Zeit beschmutzt. Möglicherweise wird dem Dorf aber unrecht getan, wenn seine Bewohner für besonders originelle Sänger gehalten werden. Sie haben vielleicht nur nachgegrölt, was sie von anderen gehört hatten. Die neonazistische Kleinpartei „Der III. Weg“ schrieb Ende März in einem Blogeintrag über das Lied: „Es wird schon seit Längerem von sogenannten rechten Kreisen gerne gehört und mit einem eigenen Text versehen. ‚Deutschland den Deutschen, …….. raus.‘“ Aber was heißt seit Längerem?
„Ausländer raus“-Gesänge zu „L’Amour Toujours“
Berichte über Fälle seit Oktober 2023 in Deutschland
Im Kreis Vorpommern-Greifswald, zu dem Bergholz gehört, gibt es eine Jugendfeuerwehr und dort einen jungen Mann, der eine Antwort hat. „Von meinen Großeltern weiß ich, dass die Parole damals schon gesungen wurde“, sagt er. „Großeltern“ klingt, als wären es Jahrzehnte, er meint aber: Anfang der 2000er-Jahre. Und zwar in exakt der Version, die nun kursiert. Der Vorsitzende der Jungsozialisten von Mecklenburg-Vorpommern, Marvin Müller, bestätigt das. Er ist auf Rügen aufgewachsen. „Jeder, der in den letzten 15 Jahren schon einmal in Ostdeutschland in einer Dorfdisco war, kennt diese Umdichtung. Genau diese Version. Das ist ein Running Gag.“ Dann erzählt Müller von einer Jugend, in der Hitlergrüße und Nazigesänge so normal waren wie anderswo Schlagermusik und Faschingsfolklore.
Auf Zugfahrten im Regionalexpress zum Beispiel fingen angeheiterte Fußballfans regelmäßig an, das „Auschwitz-Lied“ zu singen. In Mecklenburg-Vorpommern ist das ein bekanntes Lied, man singt es zur Melodie von „My Darling Clementine“, einem lieblichen Western, der unter anderem von Freddy Quinn dargeboten wurde:
Oh mein Liebling, oh mein Liebling. Oh mein Liebling Clementine. Du warst verloren und für immer verschwunden, welch schreckliches Leiden, Clementine.
Stattdessen sangen die Fußballfans:
Eine U-Bahn, eine U-Bahn bauen wir, von Jerusalem bis nach Auschwitz, eine U-Bahn bauen wir!
„Hey, hey, hey, Opa war bei Adolf Gefreiter“
Der hässliche Spaß, die finstere Freude, fröhliche, unschuldige Lieder mit Naziparolen zu paaren, stammt aus den Neunzigerjahren. „Der Goldene Reiter“ zum Beispiel ist ein Lied aus der Ära der Neuen Deutschen Welle, gesungen 1980 von Joachim Witt. Es handelt von einem psychisch Kranken, der gerade auf dem Weg in die Nervenheilanstalt ist.
Hey, hey, hey, ich war der Goldene Reiter. Hey, hey, hey, ich bin ein Kind dieser Stadt. Hey, hey, hey, ich war so hoch auf der Leiter.
In Mecklenburg-Vorpommern sangen sie es so:
Hey, hey, hey, Opa war bei Adolf Gefreiter.
Wo Müller herkommt, war das normal. Die einen, die Extremisten, wollten bewusst provozieren. Die anderen, die Mitläufer, nahmen es manchmal gar nicht mehr als politische Handlung wahr. Sondern als Ritual, Tradition, Schabernack. „Es gab schon viele Fälle, wo das neben der Polizei gesungen wurde“, erzählt Müller. Die Beamten griffen nicht ein. Wer sich beschwert, gilt als Aussätziger. Wer Anzeige erstattet, bekommt es mit gewaltbereiten, betrunkenen Rechtsextremisten zu tun, die wissen, wo der Nestbeschmutzer im Dorf wohnt. Also schweigen die meisten. „Die, die solche Lieder scheiße finden, sagen sich: ‚Ich zieh hier eh bald weg’.“
Müller tritt heute vehement gegen Rechtsextremismus ein. Er kann sich aber an eine Zeit erinnern, in der er als Kind nicht genau wusste, wie diese Texte zu verstehen sind. In der selbst ein Liedtext wie „Ausländer raus“ nicht als extremistisches Bekenntnis verstanden wurde. „Man kann das mit 14 Jahren gar nicht in einem übergeordneten Kontext einsortieren. Wenn man mit so was aufwächst, wie soll man das Problem erkennen?“, sagt er. „Die Jugendlichen kennen das von ihren Vätern, von ihren großen Brüdern, die haben das auch schon alle gemacht. Jetzt hat mal jemand eine Kamera draufgehalten.“
Nazigesänge wurden in der DDR als “Rowdytum“ verharmlost
Solche Lieder waren immer eine Provokation, über die Jahre wechselte aber die Kulisse, vor der sie gesungen wurden. In der DDR schaute die SED-Führung absichtlich weg. Neonazismus war etwas, das es nur westlich des „antifaschistischen Schutzwalls“ gab. Also wurden Nazigesänge als „Rowdytum“ und „Rebellentum“ verharmlost, erzählt Müller. Nur ein paar Betrunkene mit Flausen im Kopf, alles nur Spaß.
Nach der Wiedervereinigung kam der Trotz hinzu. Westliche Journalisten reisten an, suchten sich den dümmsten Trottel im Dorf und filmten ihn, wie er Nazidinge sagte. Fertig war ein Dokumentarfilm über die neue deutsche Provinz. Arroganz traf auf Minderwertigkeitsgefühle. Leute aus dem Westen hatten in den Neunzigerjahren ohnehin kein hohes Ansehen. Sie kamen, um Betriebe zu schließen und Arbeiter zu entlassen. Ihre Moral wirkte wie ein weiterer Versuch, sich über den Osten zu erheben. Also sagten laut Müller viele: „Wenn die uns sowieso für Rechtsextreme halten, dann sind wir das halt.“
So wurden solche Lieder nie heimlich gesungen, sondern immer in der Hoffnung, dass jemand zuhört, am besten jemand aus dem Westen, der mit dem Finger auf sie zeigt. Insofern müssen die Leute aus Vorpommern enttäuscht gewesen sein. Das Skandalvideo von Bergholz war nach wenigen Tagen vergessen. Wirklich Notiz nahm die Republik erst, als reiche West-Yuppies auf Sylt das Lied grölten. Das, sagt Müller, sei mal wieder typisch gewesen.